Wednesday, October 24, 2007

Geduld und Eliteuni

Ein interessanter Kommentar

12 comments:

Anonymous said...

Ich denke, man kann sich mit der Elite-Uni Zeit lassen, da sie niemand braucht. Das was in Österreich fehlt, sind generelle Investitionen in die Forschung und eine größere Präsenz der Naturwissenschaften in der Öffentlichkeit (siehe Broukal als 'Top-Forscher'). Das Geld, dass für die Elite-Uni hinausgeschmissen wird, fehlt an anderen Standorten, wobei es eigentlich an allen österreichischen Unis erstaunlich gute Physiker gäbe. Es ist halt leider so: bevor man gegebene Strukturen verbessert, gründet man halt was neues, weil dass damit automatisch supertoll werden muss bzw. die gegenwärtigen Probleme löst.

Es ist so bezeichnend, dass diese Elite-Uni in einer Nervenheil-Anstalt angesiedelt wird.

By the way, um einen Walter Kohn können wir Österreicher wirklich trauern. Seine Arbeit zur Dichtefunktionaltheorie ist die meist zitierteste Arbeit überhaupt!

In diesem Sinne
Euer Gernot

Andreas said...

Plädoyer für Exzellenzzentren:

Studien belegen ganz eindeutig, dass wenn ein Land keine Eliten bildet, es nicht nachhaltig optimale Wertschöpfung sicherstellen kann, einfach deswegen weil die besten und produktivsten Leistungsträger dorthin abwandern, wo die Besten der Welt versammelt sind.

Siehe die Wirtschaftskraft von Deutschland und Frankreich während der letzten Jahrzenhte im Vergleich zu Amerika. Es besteht hier eine ganz eindeutige Korrelation.

Das heisst aber nicht, dass man nicht auch die anderen Hochschulen fördern soll, um Sinne eines differenzierten Ausbildungsystems.

Ausserdem richtet man gehörigen Schaden an, wenn man den Besten zumutet, in jungen Jahren nicht voll gefordert zu werden und durch Zwangsbeglückung mit weniger Begabten "gebremst" zu werden.

Gegner eines Systems von Elitehochschulen sollen also nicht lamentieren odern jammern, sondern sich in den Besitz der Tatsachen setzen, und differenzierter argumentieren.

Eine Rückkehr zum Einheitsbrei ist jedenfalls nicht erwünscht, nur weil ein paar glauben, sie wollen keine Leistungsgesellschaft.

Anonymous said...

Es gibt eine schöne Parallele zum Fussball. Eine Elite-Uni in Österreich ist mit Red-Bull-Salzburg vergleichbar: Sie wird international (vom Kapital her) ein small player mit einem hohen Ausländer-Anteil und geringem Nutzen für den Nachwuchs werden. Es ist ja nicht so, dass naturwissenschaftliche bzw. technische Studiengänge hierzulande überlaufen sind.

Diese 'Eliten' sind hochgradig inzestuös und somit nicht nur Ausdruck einer Leistungs- sonder auch einer Zwei-Klassen-Gesellschaft (vgl. 'Keine Chance für Lisa Simpson?')

@Das heisst aber nicht, dass man nicht auch die anderen Hochschulen fördern soll

Ja, im Gegensatz zur Elite-Uni, könnte man dass sofort und ohne viel Trara umsetzen. Es gibt ja in Österreich sehr viele gute, in- und ausländische Forscher.

@Ausserdem richtet man gehörigen Schaden an, wenn man den Besten zumutet, in jungen Jahren nicht voll gefordert zu werden

*ROFL*, dass mag vielleicht für die Mittelschule zutreffen. Ich kenne aber keine österreichische Uni, an der du dein Physik-Diplom nachgeschmissen bekommst (schon gar nicht seit Bologna). Abgesehen davon, kann ein jeder sein Studium zügiger betreiben (was die wirklich Talentierten auch tun). Intelligenz vermag sich immer durchzusetzen.

Andreas said...

> Ich kenne aber keine österreichische Uni,
> an der du dein Physik-Diplom
> nachgeschmissen bekommst
> (schon gar nicht seit Bologna).
> Abgesehen davon, kann ein jeder
> sein Studium zügiger betreiben
> (was die wirklich Talentierten
> auch tun). Intelligenz vermag
> sich immer durchzusetzen.

Dem ist hinzuzufügen:
1) Die Besten wollen aber auch von den Besten stimuliert werden und in Teamarbeit lernen. Wenn die aber nicht da sind, ist man zum Alleinelernen verdammt...

2) Es gibt einige Studien die KANN man gar nicht in Mindesstudiumzeit hinter sich bringen, da zB Ausrüstung und Laborplätze fehlen.

(als ich Ende der Achtzigerjahre mein eigenes Studium in Österreich ins Auge fassen wollte, lief ich am ersten Tag erschrocken ob der katastrophalen Ausstattung und der eher bescheidenen Motivation und Qualität der Assistenten hierzulande ins Ausland, wo es dann ordentliche Ausrüstung und gute Betreuung gab, und wo ich dann auch 20 Jahre lang blieb. Einer der Assistenten gab mir vor meiner Abreise sogar den Tip, soviel "obizahn" wie möglich und das Studentenleben zu geniessen. Ich aber wollte wirklich etwas lernen..

Anonymous said...

@ 1) Die Besten wollen aber auch von den Besten stimuliert werden und in Teamarbeit lernen.

Ich kenne viele bessere Physiker, aber niemanden, der sich ins Kammerl gesperrt hat, weil die anderen ihm zu dumm waren. Viele Menschen haben sehr unterschiedliche Fähigkeiten, die sich u.U. erst im Verlauf der Arbeit herauskristallisieren. Zudem müssen die 'Elitären' ja auch Führungskompetenzen entwickeln und irgendwann einmal mit nicht so intelligenten Menschen zusammenarbeiten. Wo lernen sie das?

In unserer heutigen Zeit ist nichts so wichtig, als dass der Dialog zwischen den einzelnen Gruppierungen (Mittelschicht, Arbeitslose, Asylanten, usw.) aufrecht erhalten bleibt. Ich finde es deswegen grotesk und gefährlich, dass sich besonders Begabte (oder hinlänglich Betuchte) hier abschotten wollen.

@ Ende der Achtzigerjahre

*Ja*, seit Bologna ist alles anderes. Ich kenne wenige, die 'obizahn' wollen, weil dass auch die Rahmenbedingungen nicht mehr zulassen (Familienbeihilfe, usw.). Das Studium hat heute den Charme einer verlängerten Mittelschule, inklusive penibelst durchstrukturiertem Stundenplan. Individualität unerwünscht.

@ eher bescheidenen Motivation und Qualität der Assistenten hierzulande

Es gibt sehr viele gute Assistenten und Professoren hierzulande. Viele verlieren nur ihre Motivation, da es z.B. nicht so leicht ist, finanzielle Mittel zu lukrieren. Wird das durch die Elite-Uni besser? Nein, im Gegenteil! Sie müssen sich mit denen abgeben, die schwieriger zu betreuen sind. Mir tut dies echt leid, da viele ihr Potential nicht ausschöpfen. Ich weiß heute, das österreichische Physiker-(Namens)-Alphabet beginnt nicht bei Z.

Ich bin ja auch gar nicht gegen eine Begabten-Förderung. Im Gegenteil! Das wäre wirklich sehr begrüßenswert. Man kann dies aber auch so gestalten, als dass alle gleichermaßen davon profitieren. Mir fiele spontan z.B. die Abhaltung von speziellen Summer schools oder Workshops ein. Zumindest derzeit ist es ja noch nicht so, als dass das generelle Niveau an den Unis derartig schlecht ist, so dass Begabte eine andere "Mathematik für Physiker"-VO bräuchten. Das ist lächerlich.
In diesem Sinne
Euer Gernot

Anonymous said...

Hinzu kommt ausserdem, dass die Studien immer mehr gekürzt werden (zumindest das Chemie Studium). Es wird einem nur noch beigebracht auswendig zu lernen und das war´s. Darauf zielen die heutigen Prüfungen an der Universität ab. Aber von Verständnis ist bei weitem nichts zu sehen.
Allein die Umstellung von Diplom- auf Bachelorstudium ist lächerlich. Die Studenten lernen weder in den Praktika noch in den Vorlesungen etwas. Alles was zählt ist unter Zeitdruck einer Arbeitsanleitung zu folgen und ein Ergebnis abzuliefern. Das "Warum und wieso funktioniert das so?" ist dabei nebensächlich.

Und wenn man sich einmal vorstellt, dass Europa vor ein paar Jahzehnten der Naturwissenschaftsstandort Nummer eins wahr dann kommen einem heutzutage beinahe die Tränen!

Anonymous said...

@ anderer Anonymous

Ein wunderbarer und treffender Kommentar, der die Situation nach '00 auf dem Punkt bringt! Wenn man in Zukunft ein spezielles Begabten-Programm braucht, dann liegt dies primär daran, dass das Regulärstudium verhunzt wurde.

@Alternative zu Elite-Uni

Ich habe noch einmal kurz darüber nachdedacht. Es wäre wichtiger, wenn man in Österreich leichter (u.U. temporäre) Forschungscluster mit anderen europäischen Unis bilden könnte. Das ist zeitgemäßer, weist einen höheren Grad an Flexibilität auf und entspricht eher den österreichischen Verhältnissen. Im Coqus-Programm wird das ja auch z.B. sehr intelligent gemacht. Man sollte das Geld in derartige Strukturen investieren anstatt eine Uni in die Pampa zu pflanzen.
In diesem Sinne
Euer Gernot

Andreas said...

@ Forschungscluster

Sicher ist die Einrichtung von Forschungsclustern begrüssenswert und für den einzelnen Forscher sehr attraktiv. Immerhin darf er sich mit anderen ebenfalls sehr guten Forschern austauschen und gleichzeitig sein internationales Netzwerk pflegen.

Jedoch bleibt offen, welche Auswirkung auf den volkswirtschaftlichen Nutzen wirklich damit möglich sind. Mag ja sein, dass einzelne Gruppen oder Projekte es beispielsweise zu Firmenneugründungen schaffen, aber in der Regel wird der Löwenanteil an neuen Arbeitsplätzen immer dort geschaffen, wo auch *in ausreichender Zahl* hochqualifizierte Arbeitskräfte die Hochschulen verlassen.

Als Metrik diene zum Beispiel der aggregierte Marktwert aller nur von Stanford-Abgängern gegründeten Unternehmen im Bereich der Informationstechnologien (Yahoo, Google, VMware, und und und, eine praktisch endlose Liste). Stellt jede mittelgrosse Volkswirtschaft bei weitem in den Schatten.

Oder warum baut Google sein europäisches Zentrum in Zürich und nicht in Wien. Warum baut Microsoft sein Forschungszentrum in Cambridge, und nicht in Wien.

An der Lebensqualität liegt es ganz sicher nicht, sondern hauptsächlich daran, dass nur die Spitzeninstitute in diesen Orten hochqualifiziertes Personal *in ausreichender Anzahl* Jahr für Jahr bereitstellt.

Die Einrichtung von Exzellenzclustern ist sicher begrüssenswert, man muss sich aber im Klaren sein, was man davon erwarten kann. Ein Einrichtung wie Maria Gugging kann sicher in einzelnen Teilbereichen Spitzenleistungen hervorbringen, aber der Einfluss auf das Bruttonationalprodukt wird wohl eher bescheiden sein -- ganz im Gegensatz zur Stanford University, Cambridge oder der ETH Zürich (man stelle sich vor Google würde in kürzestester Zeit allein im Raum Wien Tausende hochbezahlte Leute einstellen...)

Andreas said...

Passend dazu gerade ein Artikel in der heutigen NZZ:

http://nzz.ch/nachrichten/wirtschaft/aktuell/schweiz_wef_wettbewerb_1.577480.html

Darin steht dass die Schweiz nach den USA das wettbewerbsfähigste Land sein und (Zitat): "Gleich wie die USA besitze die Schweiz zahlreiche wissenschaftliche Forschungsinstitute und investiere einen im Vergleich zur geringen Landesgrösse beeindruckenden Betrag in die Forschung und Entwicklung, heisst es in der Studie."

Also, in der Schweiz -einem vergleichbarem Land vor der Haustüre- geht es offenbar doch. Man bräuchte es sich also nur von dort abgucken wie es geht, und den politischen Willen aufbringen. Am Geld liegt es ganz sicher nicht, denn Österreich ist praktisch gleich reich wie die Schweiz (in den letzten Jahren hat Österreich unser Nachbarland sogar in einigen wichtigen Bereichen überholt).

Anonymous said...

@ Man bräuchte es sich also nur von dort abgucken wie es geht, und den politischen Willen aufbringen.

Das ist haargenau der Blödsinn, der uns (Europa) den Bachelor einbrockt hat. Man kann nicht einfach -gedankenlos- Strukturen übernehmen, die woanders funktionieren.

Im Wettbewerb kann man sich nur behaupten, wenn man eigenständige, neue Konzepte entwickelt, und nicht, indem man andere kopiert und halt den Vergleich untereinander erleichtert.
In diesem Sinne
Euer Gernot

Andreas said...

@ "Im Wettbewerb kann man sich nur behaupten, wenn man eigenständige, neue Konzepte entwickelt, und nicht, indem man andere kopiert und halt den Vergleich untereinander erleichtert."

Zu glauben, man müsse jedesmal das Rad neu erfinden, ist andererseits ebenfalls Illusion. Zumindest sollte man sich an best practices orientieren, und dort wo notwendig eigene Srukturanpassungen vornehmen. Zumindest im Fall der TU Wien, mit dem ich einigermassen vertraut bin, wäre man schon sehr sehr gut damit bedient, sich auch nur ansatzweise an den Strukturen der ETH Zürich zu orientieren. Anstatt -so wie dies jetzt der Fall ist- überhaupt nichts zu tun, und als Resultat jahrzehntelang in allen relevanten Rankings irgendwo abgeschlagen im letzten Drittel unter "Ferner liefen" herumzudümpeln. Sorry, das ist natürlich eine sehr direkte und zugegeben etwas (zu) harte Sprache. Natürlich gibt es auch in Wien ganz ausgezeichnete Professoren, Forscher, Assistenten und Studenten. Aber die Hochschule *als Ganzes* kann dies wohl kaum behaupten. Und die Länder Österreich und Schweiz sind ja nun wirklich in vielerlei Hinsicht sehr vergleichbar (Grösse der Bevölkerung und der Volkswirtschaft, finanzielle Mittel, politisches System, Sprache, etc etc). Warum also glauben man muss es selber besser und anders machen, wenn man doch ein Paradebeispiel gleich mehrerer Topinstitute in mehreren Bereichen unmittelbar vor der Haustür hat.

PS: Im übrigen sei angemerkt, dass sich die ETH in vielen Bereichen gegen Bologna streubt, vor allem im Bereich Anerkennung von Bachelor ohne zusätzliche Aufnahme- bzw Übertrittsprüfung. Warum wohl? Bologna wird dort von vielen als ein Mechanismus zur Nivellierung nach unten gesehen. Das ist zwar etwas übetrieben, aber auch nicht ganz falsch. Der Punkt ist lediglich, dass eine Qualitätschule sich die Leute auch selber aussuchen können muss...

Und: Nichts gegen eigene, angepasste Strukturen. Ganz im Gegenteil. Aber ich habe etwas gegen Strukturen die international offensichtlich nicht zur Spitze gehören, und die man nich anpassen will, nur weil man glaubt es selber besser zu können. Dem ist natürlich nicht so. Ich bei Strukturen herrscht Wettbewerb, und es ist jedermann bekannt, dass den meisten Spitzeninstitute dieser Welt im wesentlichen die gleichen oder zumindest sehr ähnlichen Erfolgsfaktoren gemeinsam ist. Man vergleiche zB Stanford, Harvard, MIT, Cambridge, TU München, ETH Zürich... alle sind sehr ähnlich aufgebaut.

Andreas said...

Hierzu noch ein Artikel in den heutigen Zeitungen mit dem Thema "CHE-Ranking: Keine österreichische Uni in Excellence".

http://www.excellenceranking.org

Belegt ein weiteres Mal was ohnehin schon jeder weiss (ETH Zürich und TU München die einzigen Topschulen im deutschsprachen Raum).

Umso mehr ist es wichtig, jetzt ENDLICH auch in Österreich zu versuchen, die Voraussetzungen zu schaffen, um endlich einigermassen den Anschluss an die Spitze zu finden, von der Österreich zur Zeit leider weit entfernt ist (abgesehen natürlich von vereinzelten Instituten die hervorragende Arbeit leisten)